Low- und No-Code-Technologien sind momentan in aller Munde. So geht das in Bezug auf Entwicklungen in der IT renommierte Marktforschungs- und Analyseunternehmen Gartner davon aus, dass bereits im Jahr 2025 70% aller neuen Applikationen am Markt Low- oder No-Code Technologie nutzen werden. Im Jahr 2020 betrug diese Zahl noch 25%. Branchenprimus Microsoft hat im Jahr 2021 ebenfalls massive Investitionen in ihre Low-Code-Anwendungsentwicklungsplattform fliessen lassen und die entsprechenden Ausgaben gleich verdoppelt. Aber auch aus Kundensicht findet die innovative Technologie immer je mehr Anklang: So setzen internationale Grosskonzerne wie der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young, die Deutsche Bahn aber auch Autobauer wie BMW oder Toyota auf die Vorteile von No- und Low-Code. Was aber führt zu dieser rasanten Entwicklung und weshalb wird hier so viel Potential gesehen?
Eine Low-Code/No-Code-Entwicklungsplattform ist eine Umgebung mit visueller Oberfläche, in der Anwenderinnen und Anwender Applikationskomponenten per Drag and Drop verschieben, miteinander verbinden und so eine Webanwendung erstellen können. Sie erfordern keine oder fast keine Programmierkenntnisse, weshalb Fachverantwortliche selbstständig auf ihren Bereich zugeschnittene Anwendungen erstellen können.
Personalknappheit hindert Unternehmensfortschritt
Es ist keine neue Erkenntnis, dass die Personalsituation im Bereich der Applikationsentwicklung schon über Jahre hinweg sehr angespannt ist. Gutes Personal zu finden ist schwierig und oftmals sind Ressourcen für längere Zeit in Projekten eingespannt, was unter Umständen den Start von wichtigen IT-Vorhaben unnötig verzögert und somit Wettbewerbsvorteile verhindern kann. Wer jedoch auch zukünftig innovativ und erfolgreich sein will, muss sich von dieser Abhängigkeit lösen. Denn es gibt schlicht zu wenig Programmierer, um mit ihrer Hilfe alle Probleme in dem Tempo zu lösen, das notwendig wäre, um im vorherrschenden konkurrierenden Umfeld auf Dauer mithalten zu können. Anwenderfreundliche und code-freie Tools können hier Abhilfe schaffen, indem de facto alle Mitarbeitenden eines Unternehmens zur digitalen Entwicklung beitragen können und dies ohne eine Programmiersprache beherrschen zu müssen. Sie werden zu so genannten Citizen Developer, also Endanwendern aus dem Fach, die mittels intuitiver Low- und No-Code Technologie, meist im simplen Drag-and-Drop-Verfahren gehalten, neue Anwendungen erstellen.
Weniger Reibungsverlust zwischen Fach und IT
Die Citizen Developer helfen nicht nur dabei, die personelle Ressourcenknappheit zu überwinden, sie führen auch zu einer Abkehr von den alten Entwicklungs-Denkmustern. So präsentieren sich diese, trotz vielerorts eingeführten agilen Vorgehens Methodiken, immer noch als sehr langsam. Oftmals werden viele Runden gedreht, bis Umsetzungen von der Entwicklungsabteilung freigegeben, vom Consultant geprüft und schliesslich von der Kundschaft verworfen und wieder neu spezifiziert werden. Dies als leider nicht unalltägliches Resultat eines Reibungsverlusts, welcher immer dann entsteht, wenn Systemanforderungen vom Fach an die Entwicklungsabteilung getragen werden. Low- und No-Code Technologien wirken genau hier entgegen: Durch das, dass Personen vom Fach gleich selbst Hand anlegen und ihre fachlichen Anforderungen im Detail kennen, können Bedürfnisse schneller und ohne Missverständnisse angepackt werden. Weniger Iterationen führen schliesslich zu kostengünstigeren und effizienteren Umsetzungsprojekten und bieten gleichzeitig die Basis, am Markt mit Wettbewerbsvorteilen überzeugen zu können.
Der Einsatz von Low- und No-Code will organisiert sein
Natürlich wecken eine plötzliche Befähigung zur Erstellung von Applikationen sowie schnelle Umsetzungszyklen Begehrlichkeiten bei den Fachabteilungen. Damit das Ganze jedoch nicht zu einer unkontrollierbaren Schatten-IT führt, ist es eminent wichtig, dass Unternehmen an dieser Stelle Richtlinien und Kontrollmechanismen festlegen. Mittels diesen werden die Fachabteilungen angewiesen, gewisse Design-, Testing- sowie Release-Vorgaben einzuhalten. Hier empfiehlt es sich, eine im Betrieb für die Low- bzw. No-Code Lösung verantwortliche Person zu bestimmen. Diese überprüft, ob die zuvor genannten Vorgaben eingehalten werden und managt das Zusammenspiel der Citizen Developer mit der klassischen IT-Abteilung. Das Prinzip von Low- bzw. No-Code kann aber auch durchaus auch von der IT-Abteilung selbst vorangetrieben werden. Zum einen zwecks Selbstentlastung und zum anderen, um, wie bereits erwähnt, die Hoheit und den Überblick über die Systemlandschaft zu behalten. So kann auch jederzeit der Datenfluss kontrolliert und nachvollzogen werden.
Komplementärer Einsatz von Low- und No-Code Applikationen
Grundsätzlich sehen sich Low- und No-Code Applikationen nicht als Ersatz für bestehende ERP-, CRM- oder anderweitige Kern-Applikationen. Es ist daher nicht der Anspruch von Low- und No-Code, z.B. komplexe Buchhaltungsanwendungen abzulösen, sondern vielmehr, diese sinnbringend zu unterstützen. Dies durch digitalisierte Abläufe, welche nicht durch die klassischen Systeme abgedeckt werden. Vielfach stehen auch System- oder Filial-übergreifende Prozessthemen im Fokus der Technologie.
Fazit
Abschliessend kann die initiale Fragestellung, weshalb die Entwicklung und Verbreitung von Low- und No-Code Technologien aktuell rasant vorangetrieben wird, darin begründet werden, dass aufgrund der schnell voranschreitenden Digitalisierung gewaltige personelle IT-Ressourcen benötigt werden. Diese sind seit längerer Zeit am Markt nicht verfügbar, weshalb das Fachpersonal in der Rolle als Citizen Developer dank Low- und No-Code befähigt wird, die benötigten Anwendungen aus ihrem Bereich selbstständig voranzutreiben. Natürlich darf dies nicht völlig unkoordiniert passieren, sondern Unternehmen, die auf diese innovative Technologie setzen, müssen gewährleisten, dass im Umgang klare Richtlinien und Grenzen eingehalten werden. Wird dies gewährleistet, bieten Low- und No-Code Technologien riesige Vorteile, um intuitiv, kostengünstig und effizient den Weg der digitalen Transformation zu beschreiten und dadurch Wettbewerbsvorteile für die eigene Unternehmung zu erlangen.
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Quellen:
https://cloudblogs.microsoft.com/industry-blog/de-de/uncategorized/2021/10/21/analystenbericht-microsoft-als-leader-im-2021-gartner-magic-quadrant-for-enterprise-low-code-application-platforms-platziert/
https://www.computerwoche.de/a/booster-fuer-softwareentwickler,3552470
https://www.gartner.com/doc/reprints?id=1-27I1GT39&ct=210921&st=sb
https://www.informatik-aktuell.de/management-und-recht/digitalisierung/ohne-no-code-keine-digitale-transformation.htmlhttps://whatis.techtarget.com/de/definition/Low-Code-und-No-Code-Entwicklungsumgebung