15. Dezember 2021

Prozesse systematisch optimieren. Aber wie?

Heuristiken als Hilfe zur Prozessoptimierung

Viele Unternehmen und Institutionen haben den Anspruch, dass ihre betrieblichen Prozesse so kostengünstig und effizient wie möglich laufen sollen. Oftmals hört bzw. liest man in diesem Kontext daher vom Begriff der Prozessoptimierung: Implementierte Abläufe sollen stetig untersucht und gleichzeitig verbessert werden, sodass der Weg zur Operativen Exzellenz Schritt für Schritt geebnet wird. Wie optimiert man aber einen Prozess? Nur allein mit einer simplen Digitalisierung des Workflows ist es nämlich nicht getan. Denn ein schlechter Prozess bleibt auch digitalisiert ein schlechter Prozess. Wir von MINT setzen darum auf verschiedene Heuristiken, welche wir im Rahmen unserer Consulting- und Projektdienstleistungstätigkeiten anwenden. Im Nachfolgenden gehen wir etwas genauer auf zwei Bereiche aus dem Portfolio an Optimierungs-Möglichkeiten ein und erläutern, wie durch deren Anwendung eine Verbesserung eines Prozesses systematisch angegangen werden kann. Voraussetzung hierfür ist in allen Fällen ein vorhandenes Modell des Ist-Prozesses (vorzugsweise in der BPMN-Notation).

Geschäftsprozessablauf-Heuristiken

Starten wir mit den Heuristiken, welche den Prozessablauf tangieren. Bei Anwendung dieser Heuristiken wird der Fokus auf die einzelnen Elemente eines Geschäftsprozesses gelegt. Konkret werden zum einen die jeweiligen Aktivitäten auf deren Wertschöpfung hinterfragt und zum andern wird geprüft, ob die Zusammensetzung der einzelnen Aufgaben sinnvoll erscheint. Hierfür stehen diverse Action Items zur Verfügung:

Eliminieren von nicht-wertschöpfenden Aktivitäten

Auf Basis des Ist-Prozessmodells werden die einzelnen Aktivitäten Schritt für Schritt durchgegangen und kritisch hinterfragt, ob es sich allenfalls um eine unnötige bzw. überflüssige Aufgabe handeln könnte. Ein gängiges Instrument hierfür ist die «Value-Added Analyse». Mittels dieser unterteilt man die Aktivitäten in folgende Kategorien:

  • Value-Adding:
    Hierbei handelt es sich um einen Arbeitsschritt, welcher der Kundschaft einen Mehrwert liefert oder zu deren Zufriedenheit beiträgt. Um zu bestimmen, ob es sich um eine Value-Adding-Aktivität handelt, stellen Sie sich jeweils die Frage, ob der Kunde bereit wäre, für diese Aktivität zu bezahlen.
  • Business Value-Adding:
    Bei Business Value-Adding-Aktivitäten handelt es sich um notwendige Schritte, damit das Unternehmen bzw. die Geschäfte störungsfrei geführt werden können. Hierzu zählen aber auch Aufgaben, die aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erfüllt werden müssen (z.B. Probe- oder Muster-Entnahmen in der Lebensmittel- oder Pharmabranche).
  • Non-Value Adding:
    Hierzu zählt jede Aktivität, welche nicht in eine der obigen beiden Kategorien fällt.

Wurden alle Aufgaben eines Prozesses entsprechend kategorisiert, kann durch eine effizientere Zusammenstellung der einzelnen Schritte der Prozess optimiert werden. Üblicherweise kann hierbei auf alle Non-Value Adding Aktivitäten verzichtet werden.

Beispiel: Ein mögliches Beispiel einer Non-Value Adding Aktivität ist z.B. das interne Umlagern von Rohmaterialen. Anstelle einer Ein-, Um- und Auslagerung für die Produktion kann z.B. mit der Idee einer Just-In-Time-Lieferung gespielt werden, welche die vorherigen Prozess-Schritte überflüssig machen.

Periodische Arbeiten verringern

Verringern Sie, wenn möglich, auch Batch- oder Massenverarbeitungen (z.B. von IT-Systemen). Batch-Verarbeitungen haben nämlich die Tendenz, Arbeit anzuhäufen und dadurch den Prozessfluss zu bremsen. Inkludieren Sie daher solche Aufgaben als zusätzliche Schritte in vor- oder nachgelagerten Aktivitäten.

Beispiel: Ein monatlicher Rechnungslauf kann dazu führen, dass einzelne Lieferungen erst sehr spät fakturiert werden können, was unter Umständen kurzfristige Liquiditätsengpässe verursacht. Eine Generierung der Rechnung beim unmittelbaren Versand einer Lieferung hingegen, schliesst den Prozess sogleich ab. Es entstehen keine Wartezeiten und der Zahlungseingang trifft vielfach auch früher ein.

Ideale Zusammensetzung von Aktivitäten

Achten Sie auch auf eine ideale Zusammensetzung der Prozess-Tätigkeiten. Vielfach dient es der Effizienz, wenn kleinere Aktivitäten zu einer grösseren Aktivität zusammenfasst und grössere Aktivitäten wiederum in praktikablere kleinere Aktivitäten unterteilt werden.

Beispiel: Eine gemeinsame Produktion ähnlicher Teile hilft Ihnen, dass die Einrichtungszeit für die betroffenen Maschinen nur einmal anfällt.

Geschäftsprozess-Verhaltensheuristiken

Ein weiterer Bereich zur Optimierung von Business-Prozessen umfasst Heuristiken, welche die Logiken innerhalb der betroffenen Geschäftsprozesse regulieren. Hierbei spricht man von Verhaltensheuristiken. Nachfolgend werden wiederum entsprechende Ausprägungen sowie zugehörige Beispiele erläutert.

Parallelität schaffen

Hinterfragen Sie, ob unter Umständen gewisse Aktivitäten innerhalb eines Prozesses auch parallel ausgeführt werden können. Sie kommen so von einer sequenziellen Durchführung der einzelnen Arbeitsschritte ab und optimieren dadurch die Durchlaufzeit Ihres Prozesses.

Beispiel: Ein typisches Beispiel einer Parallelität betrifft den Bereich der Montage. So führt eine gleichzeitige Fabrikation zweier zusammengehörender Halbfabrikate zur schnelleren Fertigstellung eines Fertigfabrikats.

Sinnvolle Platzierung von Knockout-Kriterien

Positionieren Sie die Prozess-Knockouts, welche zu einem Abbruch führen würden, in aufsteigender Reihenfolge des Aufwands und in absteigender Reihenfolge der Abbruchwahrscheinlichkeit. Absolute KO-Kriterien, welche die Fortführung des Prozesses unmöglich machen, sollen zu Prozess-Beginn geprüft werden. Im Sinne von Fail-Fast kann somit einiges an Aufwand erspart bleiben, falls ein KO-Parameter zutreffen sollte.

Beispiel: Bei einer online Neuregistrierung für Kundinnen und Kunden soll sogleich zu Beginn nach der Akzeptanz der Geschäftsbedingungen gefragt werden. Werden diese nicht akzeptiert, soll der Prozess direkt abgebrochen werden.

Vernachlässigung von Ausnahmen

Entwerfen Sie Geschäftsprozesse generell für typische Abläufe und isolieren Sie Ausnahmefälle von diesen normalen Abläufen. Modellieren Sie daher grundsätzlich immer den «Schönwetterflug» und behalten stets das 80/20-Prinzip im Hinterkopf. In der Regel sind es nämlich genau die Ausnahmen, die zwar selten eintreten, den Prozess aber unnötig aufblähen und komplex machen.

Fazit

Bei den oben erläuterten Heuristiken handelt es sich um Ausprägungen von zwei von vielen möglichen Ansätzen, wie die Optimierung von Prozessen angegangen werden kann. Oftmals bringt auch eine Kombination verschiedener Heuristiken den gewünschten Erfolg. Und ab und zu erlangt man durch die systematische Anwendung dieser Regeln auch Bestätigung, dass der implementierte Prozess eigentlich schon ideal aufgesetzt ist. Natürlich müssen die Heuristiken in der Praxis immer auch für den jeweiligen Geschäftsfall abstrahiert angewendet werden. Nichtsdestotrotz bieten sie aber geeignete Leitplanken zur stetigen Untersuchung und Verbesserung eines Prozesses hin zum Weg zur Operativen Exzellenz.

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*Die im Blog-Beitrag erwähnten Heuristiken basieren auf Fundamentals of Business Process Management von Dumas, M. et al.